Forscher kommen zu erstaunlicher WLAN-Erkenntnis – und warnen. Router-Signale können Menschen erkennen
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Mit dem WLAN kannst du dich nicht nur mit dem Internet verbinden, sondern auch Personen identifizieren. Eine neue Technik macht es möglich.
Über WLAN kannst du dich blitzschnell zu Hause oder an öffentlichen Plätzen mit dem Internet verbinden. Doch die Signale von WLAN-Routern können zu richtigen Überwachungsgeräten werden. Das passiert sogar, wenn du kein eigenes Gerät bei dir hast.
WLAN: Signale können Personen erkennen
Viele Nutzer wissen bereits, dass WLAN-Router einen potenziell ausspionieren und im schlimmsten Fall als Einfallstor für Hacker dienen können. Doch laut neuesten Erkenntnisse vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gibt es weitere Schwachstellen, die durch Radiowellen des WLANs entstehen können. Indem sich diese im Raum ausbreiten, entstehen Bilder von Personen und Objekten, die sich darin befinden.

Wie bei einer Kameraaufnahme werden die Umrisse festgehalten und eine direkte Identifizierung der Menschen ermöglicht. Besonders erstaunlich bei der Studie des KITs ist vor allem die hundertprozentige Genauigkeit, mit der die WLAN-Technik die 197 Teilnehmer erkennen konnte. Professor Thorsten Strufe vom Institut für Informationssicherheit und Verlässlichkeit des KIT sagt zu den Erkenntnissen folgendes:
„Wir beobachten die Ausbreitung der Radiowellen und können so ein Bild der Umgebung und von Personen erzeugen. […] Das funktioniert ähnlich wie bei einer normalen Kamera, nur dass diese Lichtwellen statt Radiowellen in ein Bild umwandelt. […] Es ist deshalb auch unerheblich, ob jemand ein WLAN-Gerät bei sich hat oder nicht.“

Mit Hilfe von neuronalen KI-Netzen und Deep Learning hat ein Forschungsteam der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh mit einem Wi-Fi-Router Ganzkörperbilder von Personen erstellt. Sollte sich die Technologie durchsetzen, könnten die Bewegungen von Personen ohne deren Wissen oder Zustimmung sogar durch Wände hindurch überwacht werden.
Das Team verwendete drei Wi-Fi-Sender, die sie in einem TP-Link-Archer-A7-AC1750-Wi-Fi-Router verbauten. Diesen positionierten sie in einem Raum mit mehreren Personen. Mithilfe von Algorithmen der künstlichen Intelligenz gelang es, dreidimensionale Bilder aus den Wi-Fi-Signalen zu erstellen, die von den Personen zurückgeworfen wurden.
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass unser Modell die Pose mehrerer Personen mit einer vergleichbaren Leistung wie bildbasierte Ansätze schätzen kann, indem es Wi-Fi-Signale als einzigen Input verwendet“, heißt es in dem Bericht. „Wir glauben, dass Wi-Fi-Signale in bestimmten Fällen als allgegenwärtiger Ersatz für RGB-Bilder dienen können.“
Keine Kameras mehr nötig: 3D-Überwachung durch Wi-Fi
Somit könnten Kameras im öffentlichen Raum durch Router ersetzt werden. Dort könne sogar die Privatsphäre des Einzelnen geschützt werden(öffnet im neuen Fenster), argumentiert das Forschungsteam. Medizinische Vorteile bringe das ebenfalls, da beispielsweise ungewöhnliches Verhalten von älteren Menschen erkannt werden könne. Oder die Technik könnte dabei helfen, Einbrüche zu erkennen.

Datenschutz: freundlich oder schädlich?
Jedoch hat die Technik auch Probleme, sobald sich drei oder mehr Probanden im Raum befinden oder sie unübliche Körperhaltungen einnehmen. „In Zukunft wollen wir auch Daten mit mehreren Layouts sammeln und unsere Arbeit ausweiten, um menschliche 3D-Körperformen aus Wi-Fi-Signalen vorherzusagen“, so das Team.
Die Forscher sind davon überzeugt, dass ihr Ansatz eine datenschutzfreundliche, beleuchtungsunabhängige und preiswerte Sensor-Alternative zu RBG-Kameras und Lidar-Sensoren (Light Detection and Ranging, engl. Lichterkennung und Entfernungsmessung) ist – eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung sowie zur Fernmessung atmosphärischer Parameter. Jedoch sieht das Forschungsteam auch ernsthafte Probleme hinsichtlich des Datenschutzes, falls sich die Technologie durchsetzen sollte.
Die Erkennung von Personen ohne Kameras oder teure Lidar-Sensoren ist nicht neu. Im Jahr 2013 fanden Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine Möglichkeit, mit Handysignalen Wände zu durchleuchten, 2018 entwickelte ein anderes MIT-Team eine einfachere Version der oben beschriebenen Technik.
Gefahren und Schutz gegen die WLAN-Spionage
Selbst das Ausschalten der eigenen Handys oder Laptops vom WLAN bringt also nichts, da es ausreicht, wenn andere Geräte in der Umgebung aktiv sind. Personen könnten dann unbewusst auch an öffentlichen Orten wie einem Café oder Restaurant identifiziert werden, an denen sie sich bereits aufgehalten haben. Wer in einem autoritären Staat lebt, könnte dadurch bei Protesten beispielsweise schneller identifiziert und festgenommen werden.
Deshalb warnt Strufe, dass sich Drahtlosnetzwerke „zu einer nahezu flächendeckenden Überwachungsinfrastruktur“ entwickeln könnten. Die Grundrechte und der Datenschutz der Bürger könnte dadurch also in Gefahr geraten. Die Forderung des Forschungsteams ist daher, dass Schutzmaßnahmen und Datenschutzmechanismen im geplanten WLAN-Standard IEEE 802.11bf eingeführt werden sollen. Denn nur so könnten Nutzer sich auf Dauer vor einer ungewollten Überwachung durch WLAN schützen.
