Braucht Europa eigene Atomwaffen?

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Braucht Europa eigene Atomwaffen?

Die Drohung von US-Präsident Trump, NATO-Verbündeten unter bestimmten Bedingungen die Verteidigung zu verweigern, hat zu der Frage nach europäischen Atomwaffen geführt. Welche Modelle sind denkbar, welche realistisch?

Beitrag vom 16.07.2024

Die USA haben vor Kurzem angekündigt, nach Jahrzehnten wieder Langstreckenwaffen in Deutschland stationieren zu wollen. Diese können auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden. Doch zugleich ist klar: Die Europäer können sich nicht mehr unbedingt auf die atomare Verteidigung durch die USA verlassen. Denn der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hatte während eines Wahlkampfauftritts im Februar 2024 damit gedroht, die NATO-Verbündeten im Falle eines russischen Angriffs nicht zu verteidigen.

Die Äußerungen lösten eine Debatte über europäische Atomwaffen aus, wobei vorrangig zwei Varianten diskutiert werden: EU-eigene Atomwaffen oder eine Europäisierung des französischen Nuklearschirms. Eine dritte Überlegung ist, dass Deutschland selbst Atomwaffen anschafft.

Welche Rolle spielen die USA bei der nuklearen Abschreckung?

Derzeit basiert die nukleare Abschreckung der NATO für Europa fast ausschließlich auf den Atomwaffen der USA. Die US-amerikanischen Atomwaffen dafür lagern in Belgien, Italien, den Niederlanden, der Türkei und auch in Deutschland, etwa im Ruhrgebiet.

Die USA waren für die Europäer über Jahrzehnte hinweg in Fragen der nuklearen Abschreckung ein verlässlicher Partner. Doch das Vertrauen in die Amerikaner hat Risse bekommen.

Den Schutz der Partner in Frage gestellt

Der Grund dafür ist der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Trump: Dieser hatte bei einem Wahlkampfauftritt den Schutz von NATO-Staaten, die ihre finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllen, infrage gestellt. Eigentlich soll jedes NATO-Land zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für das Militär ausgeben. Doch nur 18 der 31 Mitgliedstaaten erreichen derzeit dieses Ziel.

Trumps Aussagen haben unter anderem eine Debatte über europäische Atomwaffen ausgelöst. „Die Europäer müssen sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass Amerikas Schutzschirm verschwinden könnte und sie allein für ihre Sicherheit sorgen müssen“, sagt Jan Techau von der Politikberatungsfirma Eurasia Group. „In einer nuklearen Welt heißt das, dass sie selbst nuklear abschrecken können müssen.“

Dabei stehen vor allem zwei Optionen im Fokus: die Ausweitung des französischen Nuklearschutzes auf ganz Europa und die Entwicklung eigener Atombomben auf EU-Ebene.

Welche anderen NATO-Länder besitzen Atomwaffen?

Großbritannien und Frankreich sind die einzigen beiden anderen NATO-Mitglieder, die Atomwaffen besitzen. Die beiden Länder gehören neben den USA, Russland und China zu den fünf offiziellen Atomwaffenstaaten. Laut der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) verfügt Frankreich über 280 einsetzbare Sprengköpfe, Großbritannien über 120.

Im Vergleich: Russland hat den Angaben zufolge 1674 einsetzbare Sprengköpfe, die USA 1770 und China 410 (Stand 2023). Russland und die Vereinigten Staaten verfügen damit gemeinsam über knapp 90 Prozent aller Atomwaffen weltweit.

Wie könnte eine europäische nukleare Aufrüstung aussehen?

Eine mögliche Reaktion auf den Entzug des Nuklearschutzes durch die USA wären eigene Atomwaffen der Europäische Union. Diese Idee wurde unter anderem von SPD-Politikerin Katarina Barley ins Spiel gebracht – doch ist sie realistisch?

Politologe Kühn befürchtet eine „hysterische“ Nukleardebatte

Sollten die USA ihren atomaren Schutzschirm wie von Trump angedroht von Europa zurückziehen, werde Deutschland nach Alternativen suchen, sagt der Politologe Ulrich Kühn. Er befürchte, dass in der dann anstehenden Debatte Hysterie vorherrschen werde.

Sicherheitsexperte Markus Kaim glaubt nicht an EU-Atombombe

Katarina Barley (SPD) hat eine EU-eigene Atombombe ins Gespräch gebracht. Sicherheitsexperte Markus Kaim hält das für realitätsfern. Wahrscheinlicher sei eine Ausweitung des französischen Nuklearschirms – oder langfristig eine deutsche Atombombe.

Quelle: Deutschlandfunk

Redaktion

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